Die Geschichte der Uhlandschule
Ein Renaissanceschloss mit reicher Fassade, geschweiftem Giebel, Türmen und Obelisken, im Hof ein Zierbrunnen – die Neckarstädter hatten viel zu bestaunen, als der Prachtbau in der Langen Rötterstraße entstand. Die am Vorabend des Ersten Weltkriegs erbaute Uhlandschule war kein normales Schulgebäude. Sie war als „Distrikts-Schulhaus“ dazu bestimmt, die Hilfs- und Förderklassen der Neckarstadt, aber auch die Hilfsklassen des gesamten Mannheimer Nordens aufzunehmen. Das von Anton Sickinger (1858-1930) begründete Mannheimer System sah die Differenzierung der Schulklassen nach Leistung vor. Je nach Fähigkeiten und Lernstand der Schüler wurden die Haupt-, die Vorbereitungs-, die Wiederholungs-, die Abgangs-, die Förder- und die Hilfsklassen unterschieden. Das Mannheimer System ging in die deutsche Schulgeschichte ein.
Für die Uhlandschule als „Distrikts-Schulhaus“ für Hilfs- und Förderklassen galt damals die Regel, dass die Klassenzimmer maximal 42 Schüler aufnehmen mussten. Das waren weniger als in den Regelklassen. Um die Schule auch für Normalklassen benutzbar zu machen, konzipierte das Hochbauamt unter der Leitung von Richard Perrey die meisten der 34 Klassenzimmer für Klassenstärken von 48 Schülern. Doch selbst heute, bei wesentlich kleineren Klassen, sind die Zimmergrößen eng bemessen.
Der erste Spatenstich erfolgte am 29. Januar 1912. Nach anderthalb Jahren Bauzeit wurde die Uhlandschule am 12. September 1913 in Benutzung genommen. Mädchen und Jungen hatten streng getrennte Räumlichkeiten, getrennte Eingänge, Treppenaufgänge und Schulhöfe. Die Klassenzimmer der Mädchen waren im Westtrakt, die der Jungen im Ostflügel untergebracht. Das Gebäude kostete rund 750.000 Reichsmark. Ein Schuljahr noch herrschte Frieden. Dann, in den großen Ferien 1914, begann der Erste Weltkrieg.
Das Mannheimer Schulsystem wurde 1934 von den Nazis abgeschafft. Es galt „als dem nationalsozialistischen Gemeinschaftsgedanken widersprechend“. In die Uhlandschule gingen nun Volksschüler, die „Hilfsklassen“ reduzierte man auf ein Minimum. Von den Schwerhörigen- und Sprachheilklassen des Sickingerschen Systems, die auch zur Uhlandschule gehörten, blieben in Mannheim acht erhalten. Im Zweiten Weltkriegs blieb das Gebäude fast unversehrt, ein Dachstuhlbrand im Mädchentrakt war wohl der einzige Kriegsschaden. Im Kellergeschoss wurde ein Luftschutzbunker eingerichtet. 1943 kam der Schulbetrieb zum Erliegen.
Erst im Februar 1946 wurde wieder in der Schule unterrichtet, nachdem sie von den Amerikanern freigegeben war. Die Klassenstärke betrug damals über 80 Schüler! Im Mai 1946 wurde auch die Hilfsschule wieder eröffnet und für ganz Mannheim in der Uhlandschule untergebracht; sie zog 1954/55 in die Humboldtschule um. Für die Schwerhörigen- und Sprachheilklassen wurde 1963 im ehemaligen Schulgarten auf der Rückseite der Schule ein Neubau errichtet, die Hermann-Gutzmann-Schule.
Bis weit in die 1960er-Jahre blieben Jungen und Mädchen getrennt, die „Koedukation“, der gemeinsame Unterricht, wurde 1966 in Baden-Württemberg eingeführt. 1968 wurden die Uhlandschule als Volksschule in eine Grund- und Hauptschule umgewandelt. In jener Zeit fanden Erneuerungsarbeiten am Gebäude statt, denen auch der Jugendstilbrunnen im Hof zum Opfer fiel. Es hieß, er verhindere die Sicht und verleite zu Unfug. Um 1990 wandelten Schüler und Lehrer den Schulhof von einer „pflegeleichten Asphaltwüste“ in einen abwechslungsreichen Naturspielplatz mit Schulgarten um.
1996 konnte die Hermann-Gutzmann-Schule den Anbau an der Rückseite der Uhland-Grundschule verlassen und ihren Neubau im Anemonenweg beziehen. Fortan wurde dieser Gebäudeteil durch die Grundschule sowie die Kernzeitbetreuung genutzt. Im Jahr 2006 begannen Planungsarbeiten für den Ausbau der Uhland-Schule zur Ganztagsschule. Im ersten Schritt wurden das an der Rückseite gelegene Hortgebäude sowie der ehemals von der Hermann-Gutzmann-Schule genutzte Anbau abgerissen. In den folgenden Jahren entstanden drei Gebäudeteile mit Funktionsräumen für den Ganztagsbetrieb. Einer wurde der Grundschule zur Verfügung gestellt, ein weiterer dient der Nutzung des Ganztagsbetriebs der Werkrealschule (ehemals Hauptschule). Im dritten Gebäudeteil sind eine Mensa und ein Multiraum untergebracht, die von beiden Schulen genutzt werden. Sukzessiv wird seit 2014 der Schulhof neugestaltet. Neben dem Klettergerüst gibt es nun auch Tischtennisplatten sowie vielfältige Sitzmöglichkeiten. Seit 2016 können die Schülerinnen und Schüler der Uhland-Grundschule nun ihr Pausenzeiten auch auf dem schuleigenen Bolzplatz, der Kletterwand oder der neuerschlossenen Grünfläche mit Vogelnestschaukel verbringen.